DLK 23/12Unsere diesjährige Frühjahrsübung fand im Herzen der Altstadt statt. Angelehnt war die Übung an einen Großbrand aus dem Jahr 1884.

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Beim Löschen das Genick gebrochen

Dass es die Karlstadter Stadtpfarrkirche St. Andreas noch gibt, ist vermutlich einem Feuerwehreinsatz im Jahr 1884 zuzuschreiben. Damals brannte das Nachbarhaus Kirchplatz 7. Heute ist in dem Gebäude das Modegeschäft Tropics, zuvor war es Büro Betz. Knapp 500 Wehrmänner bewahrten damals die Kirche vor einem Übergriff der Flammen. Einer verlor sein Leben dabei.

Die Karlstadter Feuerwehr widmete jetzt eine Übung diesem Ereignis. Vom Main aus bauten die Feuerwehrleute zwei Schlauchstrecken bis zum Kirchplatz. Nach zwölf Minuten stand an der Kirche Löschwasser vom Main zur Verfügung. Bis dahin wurde die Zeit durch Wasser aus Hydranten überbrückt.

Riegelstellung

Im Einsatz war die Drehleiter mit dem Wasserwerfer. Sie lässt sich 30 Meter hoch ausfahren, sodass man das Kirchendach von oben „bewässern“ kann. Mit drei Strahlrohren wurde eine Riegelstellung aufgebaut. Das bedeutet, dass zwischen der Kirche und dem Gebäude Kirchplatz 7 eine Art Wasserwand errichtet wurde. Eine Schlauchüberführung gewährleistete, dass nach wie vor der Verkehr um den Kirchplatz herum fließen konnte, ohne dass die Fahrzeuge über die Schläuche fahren mussten. Vermutlich waren die jetzt 45 Feuerwehrleite mit heutiger Technik schlagkräftiger als damals die zehnfache Anzahl an Einsatzkräften.

Bei dem Großbrand vom 14. Juli 1884 brach gegen 21.30 Uhr im Geschäftshaus des Kaufmanns Philipp Winheim ein Feuer aus, bei dem im Nu der Dachstuhl in Flammen stand. Trotz aller Tragik wirkt der Bericht des Lohrer Anzeigers aus heutiger Sicht stilistisch teilweise amüsant:

Frau und sieben Kinder

„Neben Gott, ist es unserer muthigen sehr wackeren Feuerwehr durch ihr entschlossenes Eingreifen zu verdanken, daß die in der Nähe stehende Stadtkirche von den Flammen verschont und das Feuer auf seinen Herd beschränkt blieb. Leider sollte es hierbei dennoch ohne weitere tragische Unfälle nicht abgehen. Nämlich der sich hier und auswärts vielfach bei Bränden bewährte, brave Feuerwehrmann, Zimmermeister Lorenz Scheid, von zu großem Pflichteifer beseelt, mußte hierbei sein Leben enden, indem er vom Dache stürzte und sich das Genick brach. Fr hinterläßt eine trauernde, vermögenslose Witwe und 7 Kinder. Anerkennung verdient die umsichtige Löschdirektion seitens des Herrn Bezirksassesars Herrn Gössmann, sowohl als auch des Feuerwehrhauptmanns Herrn Kaufmann Keßler. Der Schaden ist ziemlich bedeutend, doch ist die Versicherung gut.

Die im Hause wohnende Gendarmerie hat sich sofort ein anderes Quartier genommen. Herr Kaufmann Stein, der gleichfalls im Hause seinen Laden hatte, und dort wohnt, hat ebenfalls geräumt.“

17 Feuerwehren im Einsatz

Dazu hieß es im Protokollbuch II. Seite 39 der Freiwilligen Feuerwehr weiter: „Stör Karl, verletzte sich in Folge eines niederfallenden Balkens. Strohmenger Franz, trat in einen Nagel. Zübert Michael, verletzte sich in Folge Fallens auf den Rücken an einem Balken. Der Sterbekassenbeitrag der Feuerwehr, zu 50 Mark, wurde bei der Distriktsparkasse erhoben und sofort an die Witwe Anna Scheid ausbezahlt.

Von auswärtigen Feuerwehren, welche durch Telegramme, sowie Brandläufer signalisiert wurden, waren 15 anwesend. Insgesamt beteiligten sich 17 Wehren, einschließlich der Freiwilligen und der Pflichtfeuerwehr von Karlstadt, mit 18 Spritzen, 5 Leitern und 485 Feuerwehrmännern.

In einer Danksagung, veröffentlicht im Lohrer Anzeiger Nr. 86 vom 17. Juli 1884, bedankte sich der Stadtmagistrat bei den sehr verehrlichen freiwilligen Feuerwehren, für den anläßlich des jüngsten Brandes erbrachten Beweis wahrer Todesverachtung, wenn es gilt den Wahlspruch ,Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr‘ einzulösen.

Dann für die umsichtige Löschdirektion, seitens der Herren Gössmann und Keßler, sowie der in verhältnismäßig kurzer Zeit herbeigeeilten Wehren von Gambach, Eussenheim, Hausen, Heßlar, Himmelstadt, Karlburg, Laudenbach, Mühlbach, Retzbach, Retzstadt, Rohrbach, Stetten, Thüngen, Wernfeld, Wiesenfeld und Zellingen, dann den Hochwürdigen Herren Kapuzinern, die sich sehr eifrig am Löschdienste betheiligten, endlich der Pflichtfeuerwehr unter ihrem Kommandanten Herrn Schuchbauer dahier erlaubt sich der Stadtmagistrat der Stadtgemeinde Karlstadt den herzlichen Dank auszusprechen, der Familie Scheid aber ein inniges Beileid für den hierbei erfolgten herben Verlust ihres theuren Gatten, Vaters und treuen Ernährers.“

Bericht: Mainpost

Bilder: FF Karlstadt

 

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